ULD empfiehlt sinnloses Tracking
gepostet von Johan am
Das Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) empfiehlt Piwik als Tracking-Tool einzusetzen.
Nachdem 2008 festgestellt worden sei, dass Google Analytics nicht datenschutzkonform sei, wolle man nun zeigen, was gehe. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass man die Verwendung von Piwik empfehlen könne.
Die vom ULD abgegebene positive Beurteilung des Produktes Piwik zum Zweck der Nutzungsanalyse kommt nicht einer Zertifizierung nach den vom ULD angebotenen Verfahren zur Erteilung des Gütesiegels Schleswig-Holstein oder des European Privacy Seals gleich. Bisher gibt es keine derart zertifizierten Analysewerkzeuge und auch keine entsprechenden Verfahren. Das ULD würde es aber sehr begrüßen, wenn Anbieter von Analysewerkzeugen ihre Produkte einer umfassenden Datenschutzzertifizierung unterwerfen würden. Auf diese Weise würde der Markt für im Internet eingesetzte datenschutzkonforme Produkte weiter gestärkt.
Hauptgrund für das ULD Piwik zu empfehlen ist, dass man das Tool auf dem eigenen Server installieren kann und nicht auf die Übertragung der Nutzerdaten auf einen fremden Server angewiesen ist (Hauptkritik an Analytics ist ja, dass das Tracking-Pixel von einem Server in Amerika geladen wird und die Daten auf amerikanischen Servern gespeichert werden).
Man hat Hinweise veröffentlicht, wie eine Piwik-Installation vorzunehmen sei. (PDF)
Während der Absatz zur IP-Anonymisierung bis auf den C-Block noch halbwegs nachvollziehbar ist, wird es im Anschluss ein wenig krude.
- Referrer sollten darauf geprüft werden, ob man sie überhaupt braucht. Hallo? Wie soll ich bitte sinnvolle Web-Analyse ohne Referrer-Informationen machen?
- Löschung von Daten:
Das ULD empfiehlt, durch unmittelbare Aufforderung durch Nutzerinnen und Nutzer
die erforderliche Löschung und eine regelmäßige anlasslose Löschung direkt in der
Datenbank durch auf den jeweiligen Anwendungsfall optimierte SQL-Anweisungen
umzusetzenDirekt davor wird allerdings geschrieben, dass einzelne Datensätze nicht gelöscht werden können, sondern nur die einzelne Datenbanktabellen komplett geleert werden können. Hallo? Wie soll ich bitte sinnvolle Web-Analyse ohne History-Daten machen?
- Cookie-Laufzeiten:
Das ULD empfiehlt, die Lebensdauer der Tracking-Cookies so kurz wie möglich zu
konfigurieren und insbesondere eine Lebensdauer von einer Woche nicht zu
überschreiten.Maximal eine Woche? Ich kriege damit bei den meisten Seiten keine Informationen über meine wirkliche Anzahl an UniqueUsern (=Reichweite). Bei vielen Geschäftsmodellen ist der Conversion-Prozess deutlich länger als eine Woche (Versicherungen, Autos, etc.). Hallo? Wie soll ich bitte sinnvolle Web-Analyse ohne Reichweitenmessung oder Conversion-Beobachtung durchführen?
Die Anforderungen des ULD führen dazu, dass ich keine sinnvollen Informationen über meine Nutzer erhalten kann, indem ich Piwik so weit beschneiden, dass man damit überhaupt nichts mehr anfangen kann.
Dass Piwik kein echtes Tracking Tool hat Patrick Ludolph schon vor einiger Zeit dargelegt.
Das System ist ohnehin so limitiert, dass jedem Analysten die Haare zu Berge stehen muss. Letzten Endes ist ein schlechtes Tracking-System immer zum Schaden des Nutzers. Ein gutes Tracking zeigt Schwachstellen der Seite auf. Der Betreiber lernt, was er tun muss, um seinen Nutzern immer besseren Service bieten zu müssen und bei konsequenter Anwendung führt es auch zu besseren Produkten. Wenn ich merke, dass meine Nutzer immer an einer bestimmten Stelle im Kaufprozess aussteigen, dann analysiere ich das. Wenn das Problem der Preis ist, dann muss ich über den Nachdenken. Wenn es daran liegt, dass ich dem Nutzer zu viele Daten im Kaufprozess abverlange, dann werde ich überlegen, ob ich wirklich alle abfragen muss…
Aber wer die Auswirkungen eines fehlenden brauchbaren Trackings im Beispiel sehen will, der braucht sich nur die Usability von www.datenschutzzentrum.de anzusehen…