Rahmann Replik: Zum Grünen-Kommentar im Stormarner Tageblatt.
gepostet von Johan am
Gerold Rahmann ist Mitglied der Grünen-Fraktion im Kreistag. Er leitet den Umweltausschuss und man munkelte, dass er ein Rabulist und Querkopf sei. Nun, in der letzten Kreistagssitzung machte er einen solchen Eindruck nicht. Zumindest die meiste Zeit.
Klar, seine Position zur Gewerbeansiedlung kann ich zwar nachvollziehen aber nicht verstehen. Er meinte, dass die Gewerbegebiete in Ahrensburg und Reinfeld doch völlig ausreichend seien. Nur will halt keine FIrma hin, weil Ahrensburg zu weit von der Autobahn weg ist und Reinfeld ohne die Möglichkeit Hamburg nördlich zu umfahren nur bedingt attraktiv. Wie auch immer. Er klang recht besonnen. Von einem wenig nachvollziehbaren Seitenhieb auf den Landrat mal abgesehen.
Jetzt hat er für das Stormarner Tageblatt eine Kolumne geschrieben (Alle Fraktionen schreiben rundum) die mich ein wenig verwirrt.
Ich zitiere und kommentiere auszugsweise (leider nicht online verfügbar. Ich vermute aber, dass die Grünen die in den nächsten Tagen noch online stellen werden.):
Das „Stormarner Modell“ sei Vorbild in Schleswig Holstein für eine gleichberechtigte, faire, interfraktionelle und sachgerechte Politik ohne Streitereien – was die anderen Kommunen und besonders
die Oldesloer Politiker nicht können.
Bis dahin schon mal nicht ganz falsch. Davon abgesehen, dass natürlich auch im Stormarner Kreistag gestritten wird. Um die Sache. Nicht um Personen und Pöstchen. Der Deal ist einfach: Gemeinsam erreichen wir mehr, als wenn wir uns gegenseitig tot taktieren. Ein offenes Wort (auch mal hinter verschlossenen Türen oder im Zwiegespräch) bringt uns alle weiter als große Reden über Dinge, die wir nicht ändern können. Wir kümmern uns um Dinge, die wir in Stormarn ändern können. Der Rest ist etwas für die Parteikanäle nach oben, nicht für die Kreistagsdebatte.
Nun habe ich einige Monate und Sitzungen als Kreistagsabgeordneter hinter mir und kann das mythische und mystische „Stormarner Modell“ nicht erkennen.
Wer nicht sucht kann vielleicht auch nicht finden. Guten Willen braucht man natürlich. So etwas funktioniert nur, wenn man sich gemeinsam darauf verständigt. Prinzip Zweikanal und Gegenseitigkeit. Sollten einige nicht mitziehen, dann wird das schwierig.
Auf der konstituierenden Sitzung wurden die Ausschüsse nicht entsprechend den Mehrheitsverhältnissen des Kreistags besetzt.
Das ist faktisch richtig. Aber auch die Sitzverteilung im Kreistag entspricht nicht exakt dem Wahlergebnis und auch jede andere Ausschussgröße mit weniger als 64 Abgeordneten würde die Sitzverteilung im Kreistag nur approximativ widerspiegeln. Im Wesentlichen liegt die Ausschussgröße daran, dass gesagt wurde (auch schon vor der Wahl) das 11 Sitze eine ordentlich Größe zum arbeiten ist. Mehr wird ineffizienter, bei weniger Ausschussmitgliedern wird es schwierig die Belastungen in den Fraktionen gleichmäßig zu verteilen, außerdem könnte Sachverstand verloren gehen. Zum Zweiten kam der Vorschlag die Größe zu ändern auch ein wenig spät.
Dieses ist unfair, weil in Ausschüssen abschließende Entscheidungen in vielen wichtigen Punkten getroffen werden.
Das ist richtig, aber jede Größe der Ausschüsse wäre prinzipiell erstmal unfair.
So wurde zum Beispiel der Klimaschutz- Antrag der Grünen im Umweltausschuss mehrheitlich abgelehnt (die CDU hat mit sechs von zwölf Stimmen eine Sperrminorität) [�]
Selbst bei einer anderen Ausschussgröße hätte der Antrag durch die Enthaltung der FDP keine Mehrheit bekommen. Tut mir leid für Sie Herr Rahmann. Eine Stimme hätte immer gefehlt.
ging aber im Kreistag durch (hier hat die CDU nämlich keine Sperrminorität).
Diese wichtige Entscheidung wurde also nicht im Ausschuss, sondern im Kreistag endgültig beschlossen. Interessant, oder?
Dass der Antrag beschlossen wurde lag im Übrigen nicht an der fehlenden Sperrminorität der CDU, sondern an dem neuen Antrag. Die Grünen hatten schon vorab angekündigt zwei Punkte nicht zur Abstimmung zu stellen. FDP und SPD hatten in Varianten einen Vorschlag gemacht, der weniger kostete und Ressourcen innerhalb der Verwaltung zur Erstellung einer Prioritätenliste nutzen sollte anstatt für einen sechstelligen Betrag Gutachter dafür zu bestellen.
Die CDU konnte mit dem Antrag der FDP gut leben. In einer von den Grünen (!) beantragten Sitzungsunterbrechung wurde dann unter den Fachsprechern der Parteien in kleiner Runde besprochen, ob man eine gemeinsame Formulierung für den Antrag finden könnte. Und siehe da, mit einer kleinen Ergänzung konnten alle Fraktionen, auch die Grünen und die CDU dem Antrag der FDP zustimmen.
Bestes Stormarner Modell. Zwar ein kleiner gemeinsamer Nenner, dafür eine Entscheidung, die von allen getragen werden kann. Zu Gunsten der Finanzen des Kreises, aber auch zu Gunsten der Umwelt. Gut, oder nicht?
Herr Rahmann findet aber den nächsten Punkt:
Auch im Umgang mit den Abgeordneten der Linken kann ich keine Sachlichkeit und Gleichberechtigung erkennen. Sie haben in den Ausschüssen nur ein Grundmandat und dürfen nicht mit
abstimmen.
Das ist richtig. Das hängt damit zusammen, dass die Linken nicht genügend Stimmen vom Wähler bekommen haben, damit es für einen richtigen Ausschusssitz reicht. Das hat der Gesetzgeber so vorgesehen. Ähnlich geht es Herrn Dierking vom Forum21, deren einziger Abgeordneter er ist. Herr Dierking hat kann alleine keine Fraktion bilden, muss also auf die Vorteile einer Fraktion (Informationsvorteile, Zuschüsse, etc.) verzichten.
Berechtigte mündliche und auch schriftliche Anfragen an den Kreistag werden polemisiert und diskreditiert, bei informellen Gesprächen die vier Linken nicht hinzugezogen.
Ich habe bisher erst eine Anfrage der Linken mitbekommen. Dabei ging es um eine Detailaufdröselung zu Hartz IV. Fragen, die durchaus ihre Berechtigung haben und die man auch stellen kann. Allerdings sind diese Fragen idealerweise im Fachausschuss besser aufgehoben. Hier kann man das Gespräch mit den entsprechend zuständigen Beamten und Experten führen, nachfragen besser beantworten lassen und detailliertere Diskussionen führen. Aber das war auch nicht das Ziel der Linken. Ihr Ziel war es, wie Winckel-Rienhoff in der Debatte sagte „Öffentlichkeit zu schaffen“. Ich nenne das Populismus mit Themen auf die der Kreis wenig Einfluss hat.
Zu der Hinzuziehung der Linken zu informellen Gesprächen kann ich nicht viel sagen, da ich meist nicht zu den erlauchten Runden gehöre. Vor der ersten Kreistagssitzung hat die Linke kein Gespräch mit der CDU gesucht. Bei dieser Kreistagssitzung waren die Linken in der Sitzungsunterbrechung sehr beschäftigt damit Ihr Mitglied Henrik Holtz für nichtkonformes Abstimmungsverhalten zu kritisieren. Dennoch meine ich eines ihrer Mitglieder bei den Gesprächen zum Umweltantrag gesehen zu haben. Wenn sie nicht beteiligt gewesen wären hätten sie wohl kaum zugestimmt, oder?
Dieses hat mich doch sehr verwundert und an meine Zeit als Grüner Kreistagsabgeordneter in den achtziger/ neunziger Jahren erinnert, als wir diese Rolle der
„Schmuddelkinder“ hatten. Fast alles, was wir damals beantragten und fragten (vor allem
Umwelt- und Naturschutz, Basisdemokratie), wurde mit Spott und Häme bedacht, zu informellen Gesprächen wurden wir nicht hinzugebeten.
Das ist natürlich bitter, dass das so war. Sie haben sich aber offensichtlich etabliert. Und dass das in den achtziger neunzigern so war heißt nicht, dass es heute so ist.
Von uns aus gibt es kein Problem mit den Linken zusammen zu arbeiten. So lange sie sich rechtstreu verhalten, die Zuständigkeit des Kreistags beachten und nicht irgendwelche populistischen Quatsch abziehen. Dasselbe gilt übrigens auch für alle anderen Parteien. Vermutlich auch in deren BEreitschaft mit der CDU zusammenzuarbeiten.
Es ist nicht notwendig die eigenen Komplexe Erfahrungen auf die Linke zu übertragen. Dafür gibt es keine Berechtigung.
Legitime und sachlicheAnfragen und Anträge der linken sind sachgerecht und fair zu beantworten und zu diskutieren.
Völlig richtig. Eine sachgerechte Diskussion findet aber im Ausschuss und nicht im Kreistag statt. Da kann man nochmal feinschliff leisten. Die „Basisarbeit“ wird aber in den Ausschüssen geleistet. Politiker, die so lange dabei sind wie die Herren Winckel-Rienhoff und Rahmann sollten das wissen. Bei Anfragen, die direkt in den Kreistag gehen liegt der Verdacht des Populismus schon recht nahe. Und darauf habe ich mit Verlaub im Kreistag keine Lust. Ich bin an Sacharbeit interessiert. Populismus kann ich auch, will ich aber nicht.
Hier erwarte ich mehr Demokratie. Für mich ist das „Stormarner Modell“ bislang Mystik und die Politik im Kreistag wie überall – ein Schachern undTauziehen um Interessen und Eitelkeiten.
Ich erwarte auch mehr Demokratie. Mehr Offenheit von Ihnen und die Bereitschaft Ihre Vorurteile mal beiseite zu lassen.
Politik ist das vertreten von Interessen. Da wird um Positionen und Kompromisse gerungen. In Stormarn gibt es mehr Bereitschaft zu Kompromissen, wenn man bereit ist seine Eitelkeiten bei Seite zu lassen. In diesem Sinne: Gute Nacht Herr Rahmann.