Nachtrag Kinderarmut
gepostet von Johan am
Vor ein paar Wochen hatte ich von der Sitzung des Jugenhilfeausschusses berichtet, in der wir uns in vierter Lesung auf einen gemeinsamen Beschluss aller Fraktionen und der weiteren Mitglieder des Jugenhilfeausschusses verständigen konnten.
Bei an sich stark unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen insbesondere von CDU, SPD und FDP, die jeder sehr unterschiedliche Positionen vertreten haben. So gab es den Vorschlag der Einführung von Schulkleidung, Leugnung der Situation von Kinderarmut und vieles mehr. Heute wurde das Protokoll versendet, deshalb hänge ich hier den Beschluss an, der aus zwei verschiedenen Beschlussvorlagen und vielen spontanen Äußerungen und Kompromissen entwickelt wurde:
Für die Bekämpfung von Kinderarmut – Position für den Jugendhilfeausschuss
Stormarn gehört nach der Kaufkraft zu den reichsten Kreisen der Bundesrepublik. Die Arbeitslosenquote liegt unter vier Prozent, damit unter dem Bundesdurchschnitt und ist die niedrigste in Schleswig-Holstein. Trotzdem ist auch hier die Kinderarmut erschreckend hoch.
Der Jugendhilfeausschuss Stormarn hält es für unerlässlich, Kindern, die in Armut leben, eine faire und gleiche Teilhabe an Entwicklungs- und Bildungschancen zu ermöglichen. Dies gilt für Kinder aus Familien, die von staatlichen Transferleistungen leben und leben müssen, aber auch zunehmend für Kinder aus Familien mit niedrigen Einkommen. Unsere Gesellschaft kann es sich nicht leisten, große Teile der Bevölkerung aus zu grenzen und sie am Zugang zu Bildung und Ausbildung zu behindern.
Folgende Aspekte sind für den Jugendhilfeausschuss von besonderer Bedeutung:
1. Wer Maßnahmen zur Behebung von Kinderarmut auf den Weg bringen will, benötigt auf Gemeindeebene aufgeschlüsseltes Datenmaterial. Dies betrifft insbesondere die von der ARGE zu liefernden Zahlen der in Bedarfsgemeinschaften lebenden Kinder pro Gemeinde. Der Jugendhilfeausschuss fordert die ARGE auf, diese zukünftig zu liefern.
2. Folgende besondere Förderungen dieser Gruppe von Kindern halten wir U. A. für wichtig – eine Umsetzung sollte in den Kommunen bzw. vom Gesetzgeber geprüft werden:
– Kostenlose oder stark vergünstigte Teilnahme an Ganztagsschulangeboten sowie sonstigen schulischen Angeboten
– Kostenloser oder stark vergünstigter Eintritt in kommunale Einrichtungen (Büchereien, Schwimmbäder, VHS etc.)
– Kostenlose oder stark vergünstigte Teilnahme am Frühstück und Mittagstisch in Kindertagesstätten, Horten und Ganztagsschulen.
3. Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Kinder heißt auch Zugang zu Jugendarbeit und Jugendverbänden und deren Angebote der außerschulischen Jugendbildung oder Jugenderholung. Der Jugendhilfeausschuss unterstützt und würdigt die Anstrengungen vieler Vereine und Verbände, bereits heute die finanzielle Situation von Kindern zu berücksichtigen. Eine Verbesserung der Erreichbarkeit von Vereinen für die o. g. Gruppe von Kindern bleibt aber weiterhin notwendig. Hierbei sollte die Vergünstigung für arme Kinder auch ein Kriterium für kommunale Förderung von Vereinen und Verbänden sein.
4. Der Jugendhilfeausschuss hält eine Überprüfung der Regelsatzpauschalen unter besonderer Berücksichtigung der Lebensverhältnisse von Kindern und Jugendlichen für notwendig. Nach Auffassung des Stormamer Jugendhilfeausschusses erscheint es aber sinnvoll, besondere Bedürfnisse von Kindern‘ durch die Vergabe z. B. von Sachgutscheinen abzudecken. Diese könnten z. B. den besonderen Bedarf an Schulmaterial, Kinderkleidung etc. abdecken.
5. Auch der Kreis muss weiterhin soziale Verantwortung fiir Kinder in Armut übernehmen. Präventionsmaßnahmen und soziale Einrichtungen haben bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass dies der richtige Weg ist. Hierzu gehören in erster Linie Präventivmaßnahmen in sozialen Bereich wie etwa Suchtprävention, aber auch die Unterstützung von Elternarbeit, Elternschulungen, Gewaltprävention, (internationale) Jugendarbeit u.Ä..
Abstimmungsergebnis: einstimmig
[Nachtrag: 13:50] Jetzt habe ich doch glatt vergessen deutlich zu machen, um welche Größenordnung es geht. Wenn man die Zahl der Kinder in ALGII-Bedarfsgemeinschaften zu Grunde legt, die einen groben Anhaltswert bieten sollte so wären mit Stand vom Mai 2007 1434 Kinder betroffen. Tendenz offensichtlich sinkend.